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Samstag, 1. Februar 2014

Die digitale Kindheit im Disney Channel

Ruft man diese Tage die Seite "DisneyChannel.de" auf, dann erblickt man dort die große Schlagzeile: "Disney Channel - Ab jetzt im Free TV und Online!" - Wen mag diese Seite wohl ansprechen? Wohl nicht die Kinder, die vor das Fernsehen gelockt werden sollen. Die wissen wohl kaum, was "Free TV" bedeutet. Für mich bedeutet diese Zeile eher Drohung als Verlockung. In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hat Imre Grimm sich schon dazu Gedanken gemacht und ihrem Artikel den passenden Titel gegeben: Wo ist Peter Lustig, wenn man ihn braucht? Der sagte ja immer am Ende seiner Sendung, dass man abschalten solle und nun was spielen soll. Der passiert in dieser Art in den Sendungen für die Kleinen nicht mehr - während der letzten Minuten der einen Sendung läuft schon Werbung für die nächste. Eine immer fortdauernde Berieselung für unsere zukünftigen Schüler, die eben nicht mehr abschalten sollen. Imre Grimm hat auch, für mich, spannende Zahlen ausgegraben:
"Und doch muss man mal daran erinnern, dass 13 Prozent aller Babys unter einem Jahr in Deutschland regelmäßig fernsehen. Bei den Zweijährigen sind es 60 Prozent, bei den Vierjährigen 96 Prozent. Kinder zwischen drei und fünf Jahren sitzen pro Tag durchschnittlich 73 Minuten vor dem Bildschirm. Fast jedes zehnte deutsche Kind zwischen vier und fünf Jahren hat einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer."
Das macht mir doch Angst. Bei etwas Recherche habe ich die KIM Studie gefunden, die jährlich das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 13 untersucht. Leider hab ich gerade keine Zeit mir die Studie genauer anzuschauen, aber vielleicht schaffe ich das noch. Das ganze muss wohl auch in dem Zusammenhang mit der Einschränkung des Aktionsradius der Kinder insgesamt gesehen werden und der Mystifizierung der Natur, die immer stärker aus dem normalen Umfeld der Kinder verschwindet und daher wohl auch als etwas extrem beschützendwertes betrachtet wird - wie eine Schneeflocke, die aber leider in der warmen Hand des Betrachters dahinschmilzt...

Samstag, 23. Juni 2012

Unzählige Fotos als Teil einer neuen Erinnerungskultur

Gestern abend war Abiturfeier. Die Schüler haben einen sehr abwechslungsreichen Abend gestaltet und zeigten unter anderen jeden Schüler als heutigen Menschen und seine Entwicklungsschritte. Manche hatten Baby-Fotos, manche hatten Bilder als Teenager. Was mich aber zum Nachdenken brachte, war, dass die Schüler auch unzählige Bilder von ihren Feiern hatten. Wir Lehrer sahen an diesem Abend natürlich nur einen Bruchteil, aber im Gespräch mit einigen Schülern und Eltern danach, wurde mir bewusst, dass wir in einer Zeit leben, in der sich die Erinnerungskultur grundlegend verändert hat und auch wohl noch verändern wird.

Meine digitale Fotosammlung beginnt im Jahr 2001. Es sind noch kleine Bilder - zunächst mit einer grandiosen Auflösung von 640 Pixe x 480 Pixel, was einer Megapixelauflösung von 0,3 (!) entspricht. Die Bilderreihen werden immer größer, vielfältiger und hochaufgelöster und entsprechend steigt auch der Speicherbedarf. Sind es für das ganze Jahr 2001 noch 171 MB, so umfasst das Jahr 2012 schon 7 GB. Und wir sind noch nicht am Ende des Jahres 2012!

Zurück zu den Abiturzeitbildern. Während ich meine meisten Erinnerung in meinen Kopf aus dieser Zeit aufbewahre und vielleicht 50, 60 Bilder aus meiner gesamten Schulzeit mit Schulfreunden habe, sind die heutigen Schüler weitaus weiter. Wohl alleine ein Tag in ihrem Leben ist mit mehr Fotos verbunden, als meine Bilder aus der gesamten Schulzeit. Jede Feier, jede Stimmung, jedes Zusammentreffen wird dokumentiert, fotografiert, hochgeladen, kommentiert, diskutiert und abgespeichert. Und für eine lange Zeit verfügbar gemacht. Will ich mir ein Bild aus meinen Jugendtagen anschauen, muss ich erst zu meinen Eltern, Kisten durchstöbern, Fotobücher ausfindig machen und dann habe ich vielleicht ein Bild mit einer bestimmten Person. Will ich es teilen, dann muss ich es scannen und hochladen. Facebook habe ich nicht, also per Email. Wenn ich die Emailadresse habe von demjenigen, mit dem ich es teilen möchte.

Meine Erinnerungskultur ist mental und nicht digital, aber dadurch auch anfällig für Veränderungen, die durch spätere Erinnerungen dazukommen. Als Stichwort sei hier nur die Zeitzeugen-Problematik in der Geschichtswissenschaft genannt. Meine Schüler haben alles dokumentiert. Und die Facebook-Kommentare lassen auch die alten Geschichten noch Jahre später frisch erscheinen. Also ein Wechsel der Erinnerungskultur? Wird die Erinnerungskultur unbestechlicher, genauer, detaillierter und dadurch besser? Hätte ich gerne hunderte, tausende Bilder aus meiner Abiturzeit? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Vielleicht. Ich kann manche Dinge vielleicht gar nicht mehr nachvollziehen, wie die Schüler ihre Erinnerungen behandeln. Nicht weil es schlechter oder besser ist. Weil es anders ist. Wird eine Erinnerung gesucht, so ist das Bild dazu nur ein paar Mausklicks entfernt. Vielleicht wirke ich jetzt schon so seltsam wie manche Schulleiter auf mich, die immer alles ausgedruckt brauchen. Sie stammen dann nochmal aus einer anderen Zeit. Zeiten ändern dich.